Über das Werk
Über das Werk
Es geht um nichts weniger als um die Liebe.
Nach dieser fragt die Wartburger Sängergemeinschaft, nach dieser sucht auch Tannhäuser: Bei der Liebesgöttin Venus findet er schier endlose Lust, bei der »reinen« Elisabeth hofft er Seligkeit zu erlangen. In seinem Schlingern zwischen Befriedigung und Entsagung, zwischen Schuldgefühl und Protest, im Hin- und Hergerissensein zwischen Erfüllung und Erhöhung entspricht er ganz der Grammatik des romantischen Zeitalters – und spricht uns auch heute noch direkt an.
Handlung
Tannhäuser hat die Runde der Sänger, die Landgraf Hermann von Thüringen auf der Wartburg versammelt hat, verlassen und ist in das Traumreich des Venusberges eingetaucht.
Dort verliert er das Gefühl für Raum und Zeit. Was ihm begegnet, lässt in ihm die Sehnsucht nach der Rückkehr in die reale Welt übermächtig werden. Vergeblich versucht Venus ihn zu bewegen, bei ihr zu bleiben. Zwar besingt er die Wunder, die er bei ihr erlebt hat, und schwört, als ihr Streiter in die Welt hinauszuziehen; er will sie jedoch für immer verlassen. Ihrer Warnung, er werde von den »kalten Menschen« enttäuscht werden und reumütig zu ihr zurückkehren, setzt er den Vorsatz entgegen, Buße zu tun und sein Heil bei Maria zu finden. Daraufhin bricht er zusammen; der Venusberg versinkt.
Ein Knabe besingt die Göttin Holda und damit den nahenden Frühling. Durch den Hirtengesang des Knaben und die Klänge einer Schalmei kommt Tannhäuser zu sich. Eine Schar von Büßern ziehe an ihm vorüber. Der Knabe wünscht ihnen Glück auf ihrem Weg nach Rom. Die Pilger beklagen die Last ihrer Sünden und beten singend zur Jungfrau Maria. Tannhäuser stimmt in ihre Selbstanklage ein und hofft auf die Gnade Gottes. Hörnerklang kündigt die Gesellschaft des Landgrafen an, der mit den Sängern auf der Jagd ist.
Die Ritter erkennen Tannhäuser. Sie sprechen ihn darauf an, dass er im Streit von ihnen geschieden ist. Tannhäuser erklärt den Zwist für beendet, will jedoch nicht in ihren Kreis zurückkehren. Sein Freund Wolfram von Eschenbach erzählt ihm, aufgefordert von Hermann, dass Elisabeth, die Nichte des Landgrafen, seit seinem Weggang in Schwermut verfallen ist – offenbar aus enttäuschter Liebe. Daraufhin beschließt Tannhäuser, sich den Rittern anzuschließen, um Elisabeth wiederzusehen.
Elisabeth kehrt erstmals an den festlichen Ort zurück, wo sie Tannhäuser und seine Lieder lieben gelernt hat.
In ihre Freude über das bevorstehende Wiedersehen mischt sich die Erinnerung daran, was Tannhäusers plötzlicher Weggang in ihr ausgelöst hatte. Als Wolfram Tannhäuser zu ihr führt, spricht Elisabeth von der Kränkung, die er ihr durch sein rätselhaftes Verschwinden zugefügt hat. Ihrer Frage, wo er gewesen ist, weicht Tannhäuser aus; stattdessen preist er den »Gott der Liebe«, dem er das Wunder seiner Rückkehr zuschreibt. Beide fühlen sich zu neuem Leben erwacht, während Wolfram, der Elisabeth heimlich liebt, für sich alle Hoffnung schwinden sieht. Hermann fordert seine Nichte Elisabeth auf, ihm ihr Herz zu eröffnen. Nur mit einem Blick gibt sie ihm zu verstehen, dass sie Tannhäuser liebt.
Er erklärt sie zur Fürstin des bevorstehenden Festes, zu dem er die Edlen seines Landes aus Anlass von Tannhäusers Rückkehr eingeladen hat. Nachdem die Gäste eingezogen sind, erscheinen auch die Sänger, die der Landgraf zum Wettstreit aufgerufen hat. In ihren Liedern sollen sie das Wesen der Liebe ergründen; der Sieger darf den Preis selbst bestimmen, den er aus Elisabeths Hand erhalten soll. Wolfram preist die Liebe als geistigen Wert, dem man nur durch Entsagung gerecht werden kann. Auch Walther von der Vogelweide und Biterolf besingen dieses Ideal, dem ihr Leben zu opfern sie bereit sind. Tannhäuser entgegnet, dass die Liebe erst durch sinnlichen Genuss ihre Wunder wirken kann.
Als der Streit sich zuspitzt, bricht er in ein Preislied auf Venus aus und bekennt, im Venusberg gewesen zu sein. Entrüstet drohen die selbsternannten Femerichter; da stellt sich Elisabeth schürzend vor ihn. Sie erklärt öffentlich, wie tief Tannhäusers Verrat an ihr sie getroffen hat. Dennoch verlangt sie, ihm die Möglichkeit zur Buße zuzugestehen. Der Landgraf verbannt Tannhäuser und fordert ihn auf, mit den Pilgern nach Rom zu gehen und beim Papst um Vergebung seiner Sünden zu bitten. Tannhäuser hat erkannt, was er Elisabeth angetan hat. Als ferner Gesang vom Aufbruch der jüngeren Pilger kündet, die dem Zug der älteren Pilger folgen, will er sich ihnen anschließen.
Wolfram trifft auf Elisabeth, die auf die Rückkehr Tannhäusers wartet.
Es ist Herbst geworden: Die älteren Pilger kehren aus Rom zurück und singen von der Gnade, die ihnen zuteil geworden ist; doch Tannhäuser kommt nicht wieder. Elisabeth fleht die Muttergottes an, sie sterben zu lassen, damit sie im Himmel für Tannhäuser um Gnade bitten kann. Als Wolfram sie begleiten will, weist sie ihn ab. Er richtet die Bitte an den Abendstern, Elisabeth auf ihrem letzten Weg zu grüßen. Gebrochen erscheint Tannhäuser.
Er erzählt Wolfram von seiner vergeblichen Pilgerreise: Obwohl er sich die härteste Buße auferlegt hat, hat der Papst ihm die Absolution verweigert und ihn wegen seines Aufenthaltes im Venusberg verflucht. Nun will er sich erneut Venus zuwenden, die ihm verzeihend entgegentritt. Doch Wolfram gemahnt Tannhäuser an Elisabeth, die sich für ihn geopfert hat. An ihrer Leiche bricht auch Tannhäuser tot zusammen, während die Wartburggesellschaft das Wunder seiner Erlösung preist, von dem die jüngeren Pilger künden.
Tannhäuser stellt, nach Rienzi und Der fliegende Holländer, den nächsten großen Schritt in Richard Wagners Entwicklung dar. Mehr noch, vieles verweist bereits auf spätere Werke: »Die Pilger- und Rom-Musik deutet, was das Religiöse betrifft, auf seine letzte Oper, Parsifal, hin. Und die Venus-Musik – selbst in der ersten, der Dresdner Fassung – auf Tristan und Isolde«, erläutert Premierendirigent Philippe Jordan.
Nach den Neuproduktionen von Parsifal, Tristan und Isolde, Die Meistersinger von Nürnberg und Lohengrin in den letzten Spielzeiten steht nun Tannhäuser auf dem Premierenplan der Wiener Staatsoper. Mit diesem Werk lernten die Wienerinnen und Wiener 1857 erstmals eine vollständige Oper Wagners kennen – zwar nicht an der Hofoper, dafür aber im großen Thalia-Theater, das 4000 Personen fasste. Bereits zwei Jahre später erlebte man Tannhäuser auch im führenden Wiener Opernhaus und selbst der gefürchtete Kritikerpapst Eduard Hanslick zeigte sich dem Werk gewogen. Diesmal wird im Haus am Ring eine Mischung aus der früheren Dresdner und der späteren Pariser Fassung der Oper gegeben.