Über das Werk
Cavalleria Rusticana
Turiddu war vor seiner Einberufung zum Militärdienst mit Lola verlobt, die während seiner Abwesenheit den wohlhabenden Alfio geheiratet hat. Turiddu versucht daraufhin, sich mit Santuzza zu trösten, doch fängt er mit Lola wieder eine Affäre an. Santuzza erkennt seine Untreue, ist zutiefst verletzt und verrät in ihrem Zorn Alfio den Ehebruch Lolas. Ein Zweikampf zwischen Alfio und Turiddu findet statt. Der Ruf »Turiddu wurde ermordet!« beendet die Tragödie.
Pagliacci
Canio, der Prinzipal einer Komödiantentruppe, wacht streng über seine Frau Nedda, die sich durch seine Eifersucht eingeengt fühlt. Sie hat sich in Silvio, einen jungen Bauern verliebt, beide wollen gemeinsam fliehen. Doch Tonio, dessen Liebe sie zuvor abgewiesen hat, übt Rache und verrät sie an ihren Ehemann Canio, der Vergeltung androht. Die Situation eskaliert während der Vorstellung, die die Truppe gibt: Spiel und Realität vermischen sich, Canio tötet Nedda und Silvio.
Cavalleria
Rusticana /
Pagliacci
Handlung
Turiddu war vor seiner Einberufung zum Militärdienst mit Lola verlobt. Als er wieder heimkehrt, muss er enttäuscht feststellen, dass Lola inzwischen die Frau des wohlhabenden Alfio geworden ist. Turiddu versucht, sich mit Santuzza zu trösten…
Ostermorgen in einem sizilianischen Dorf.
Turiddu singt für Lola, zu der er wieder Beziehungen aufgenommen hat, ein Ständchen. Der Frühling erfreut die Dorfbewohner. Santuzza sucht, von innerer Unruhe getrieben, Turiddu bei dessen Mutter Lucia, die am Dorfplatz eine Ausschank betreibt. Alfio, der geschäftlich unterwegs war, kehrt zurück und besingt die Treue seiner Frau. Osterglocken rufen die Dorfbewohner zum Frühgottesdienst.
Santuzza, die sich wegen ihrer Beziehung zu Turiddu sündig fühlt und daher außerhalb der Kirche geblieben ist, ahnt dessen Untreue und vertraut ihre Sorgen Turiddus Mutter an. Er wird zur Rede gestellt und rettet sich in Ausflüchte. Als aber dann Lola vorbeigeht, vergisst er Santuzza und deren Vorwürfe, stößt sie von sich und läuft Lola nach. Santuzza verflucht ihn. Zutiefst gekränkt und in ihrer Ehre verletzt, verrät sie Alfio das ehebrecherische Verhältnis seiner Frau zu Turiddu. Alfios Zorn mündet in einem Racheschwur. Jetzt erst erkennt Santuzza verzweifelt, welch fatale Entwicklung sie eingeleitet hat.
-Intermezzo sinfonico-
Nach der Kirche lädt Turiddu zum traditionellen Umtrunk ein. Auch Alfio bietet er einen Becher an. Dieser lehnt schroff ab. Turiddu erkennt, dass Alfio über den Ehebruch Bescheid weiß. Es kommt zur Duellaufforderung nach sizilianischem Ritual. In seiner aufkeimenden Todesangst erbittet Turiddu den Segen seiner Mutter und ersucht sie, Santuzza zu schützen. Dann stellt er sich dem Zweikampf am vereinbarten Ort. Der Ruf »Turiddu wurde ermordet!« beendet die Tragödie.
Tonio, ein Komödiant, in der Commedia der Taddeo-Darsteller, erläutert anstelle des Dichters als Prologus dem Publikum in programmatischen Umrissen das Stück: Der Autor wolle, auch wenn er sich Masken bediene, diesmal nichts anderes als ein Maler sein, dessen Thema das wahre Leben ist. Doch man solle nicht beim Tanz der Masken verweilen, sondern sich in die Seelen der Menschen versenken.
Die Handlung spielt am Tage Mariä Himmelfahrt (15. August). Canios Komödiantentruppe zieht ein, herzlich begrüßt von der Bevölkerung. Außer Nedda, der Frau des Prinzipals (in der Commedia Colombina) zählen noch Beppe (in der Commedia Arlecchino) und Tonio zur Theatergruppe. Canio (in der Commedia Pagliaccio) kündigt für heute Abend seine Vorstellung an. Als Tonio Nedda vom Wagen helfen will, drängt ihn Canio eifersüchtig weg. Die Komödianten werden zum Umtrunk eingeladen. Jemand meint scherzhaft, Tonio bleibe nur deshalb gerne zurück, um mit Nedda ein Stelldichein zu haben. Canio reagiert heftig: Er spielt zwar in den Komödien tölpelhaft den betrogenen Ehemann, im wirklichen Leben aber würde er Untreue nicht hinnehmen.
Glocken rufen zum abendlichen Kirchgang. Nedda ist durch die kaum verhüllte Drohung Canios beunruhigt. Sie fühlt sich durch dessen Eifersucht eingeengt, möchte ihrem unsichtbaren Käfig entfliehen und so frei wie ein Vogel sein... Tonio hat sie belauscht. Er will Nedda seine Liebe aufzwingen, wird aber höhnisch abgewiesen. Voller Zorn, Rache androhend, macht er sich davon. Silvio, ein junger Bauer, in den sich Nedda verliebt hat, taucht auf. Er beschwört sie, Canio zu verlassen und mit ihm noch heute Nacht zu fliehen. Nach anfänglichem Zaudern willigt sie ein, ohne zu ahnen, dass Tonio beide belauscht hat und eiligst Canio aus der nahegelegenen Osteria herbeiruft.
Als Nedda ihren Liebhaber gerade verabschiedet, stürzt der vor Eifersucht rasende Canio hervor. Es gelingt Silvio, unerkannt zu entkommen. Nun wendet sich Canios Wut gegen Nedda. Er bedroht sie mit seinem Messer und verlangt, dass Nedda den Namen ihres Freundes verrate. Sie aber schweigt. Beppe kann Canio das Messer entreißen und somit das Ärgste verhüten. Auch wird gleich das Publikum erscheinen, um die Vorstellung zu sehen. Nur mühsam beruhigt sich Canio und macht sich für die Aufführung zurecht.
Kurz vor Beginn der Commedia: Tonio schlägt die große Trommel, erwartungsvoll stellen sich die Zuschauer ein, darunter auch Silvio. Nedda, die das Geld einsammelt, warnt ihren Geliebten vor Canios Eifersucht. Das Spiel von Colombina, Arlecchino, Taddeo und Pagliaccio beginnt. Als Nedda in ihrer Colombina-Rolle dem Ständchensänger Arlecchino zum Abschied dieselben Worte zuruft, die sie Silvio nachgerufen hat, verwischen sich für Canio Spiel und Wirklichkeit.
Außer sich vor Eifersucht, fordert er auf offener Bühne, den Namen von Neddas Liebhaber zu erfahren. Colombina/Nedda versucht, wieder das Theaterstück aufzunehmen, aber Canio gebärdet sich immer bedrohlicher. Auch das Publikum beginnt zu ahnen, dass es hier um mehr als um Theater geht. Als Nedda hartnäckig schweigt, sticht Pagliaccio/Canio auf sie ein und tötet sie. Ihr Hilferuf, an Silvio gerichtet, hat zur Folge, dass sich Canio dem Herbeieilenden zuwendet und auch ihn tödlich trifft. — »La commedia è finita« – Das Spiel ist aus.
Cavalleria Rusticana
Die Inszenierung verlagert die Handlung in die 1930er Jahre und lebt nicht zuletzt von zahlreichen Nuancen, Farben, kleinen Gesten: Santuzzas nur angedeutete Schwangerschaft, die ihre Situation umso auswegloser erscheinen lässt, die Tatsache, dass sie von Anfang an offenbar erkennt, dass Alfio vom Ehebruch seiner Frau ganz genau Bescheid weiß, die Verstärkung der Couleur locale durch die Einbeziehung der in der Gesellschaft so wichtigen Kinder. Er unterstreicht die Stärke der einzelnen Frauen, die sich aber unter dem Druck des vorherrschenden stockreaktionären Machotums kaum oder nur innerhalb bestimmter Konventionen zu artikulieren trauen. Innerlich zusammenbrechend stehen sie dem Publikum nahezu erstarrt gegenuber, ganz im Gegensatz zu den Klageweibern im Hintergrund, die den unterdrückten Gefühlen »offiziell« Raum geben.
Pagliacci
Jean-Poierre Ponnelle sah vor seinem inneren Auge stets eine konkrete Situation, eine Atmosphäre, ein Bild, das er auf der Bühne zum Leben erwecken wollte. Er hat selten etwas vorgezeigt, sondern seine Vorstellungen lieber erklärt. Eindringlich erklärt - und die Sängerinnen und Sänger zugleich eingeladen, am Zustandekommen eines Gedankens Teil zu haben. Die Inszenierung verlagert die Handlung in die 1930er Jahre und lebt nicht zuletzt von zahlreichen Nuancen, Farben, kleinen Gesten: das am Horizont erscheinende winzige und immer größer werdende Auto der herannahenden Komödiantentruppe – solche und ähnliche nur scheinbaren Nebensächlichkeiten beweisen, mit welcher spielerischen Freude Jean-Pierre Ponnelle diese Inszenierungen bereichert hat, die daher selbst nach dreieinhalb Dezennien geradeso unverbraucht und gültig erscheinen wie am Premierentag.
Cavalleria Rusticana
Nach dem Sensationserfolg ihrer Uraufführung 1890 konnte Mascagnis Cavalleria rusticana so rasch wie kaum ein anderes Werk der Operngeschichte die Bühnen der Welt erobern. Die Emotionalität der volkstümlich wirkenden Musiksprache, die üppige Melodik sowie die konzise Dramaturgie des Sujets, sichern diesem Einakter eine bis heute ungebrochene Popularität. Mascagni schrieb die Oper für einen Wettbewerb, bei dem ein Einakter gefordert war, was sich auch auf die Form auswirkte: Die einzelnen Nummern sind kurz, sehr straff. Alles passiert schnell, zielt direkt auf den Höhepunkt hin. Im Klangbild setzt der Komponist dem Sujet folgend – vor allem in den Blechbläsern – oftmals etwas Ungeschliffenes, fast Grobes ein. Musikalisch entwickelt Mascagni die von Verdi kommende Tradition weiter und überschreitet bisherige Grenzen, entstammt aber ganz klar der Welt der italienischen Oper, kommend aus dem Belcanto.
Pagliacci
Leoncavallo war ein Meister der Instrumentierungskunst: Immer wieder teilt er zum Beispiel die Geigen, verlangt bei den Streichern Flageolett-Effekte, also ausgefallene Spiel- und Klangformen. Und er kümmert sich um kleine Nuancen: So wird etwa Neddas »Vogellied« durch zwei ineinander verwobene Harfen eingeleitet, dazu lässt Leoncavallo die Geigen komplexe Figuren geteilt spielen und setzt über das Ganze noch vier Soloviolinen, die eine Oktave höher ausgehaltene Akkorde intonieren. Von der Klanglichkeit her ist das eindeutig französisch beeinflusst. Gleichzeitig gibt es auch einen Einfluss der deutschen Kompositionsschule: Im Pagliacci-Orchestervorspiel gibt es ein charakteristisches Motiv, das im Horn piano gebracht wird. In der zentralen Arie des Canio, »Vesti la giubba«, kehrt es - tragischer - wieder, am Ende der Oper ist es ein drittes Mal zu hören. Eine solche dramaturgisch sinnfällige Verwendung von Motiven war z.B. Verdi unbekannt.
Cavalleria Rusticana
Der Komponist erinnerte sich später an die Uraufführung: »Schließlich kam der Tag der Uraufführung, der 17. Mai. Wer nicht im Teatro Costanzi gewesen ist, kann sich nicht vorstellen, was damals stattgefunden hat – ein unvergesslicher Abend im Leben eines Künstlers! Niemand hätte einen solchen Erfolg erwartet. Das Publikum war wie verrückt. Alle meine Hoffnungen, alle meine Erwartungen wurden von der Realität übertroffen. Ich wurde sechzigmal vor den Vorhang gerufen. Als ich mich im Rampenlicht vor dem frenetischen Publikum zeigte, glaubte ich zu träumen. Ich kam und ging wie ein Automat; auf einmal löste sich der Knoten in meiner Kehle und ich begann wie ein Kind zu weinen. Ich fühlte all die Freude, dass ich nun meiner Frau, meinen Kindern und meinem Vater ein komfortables Leben bieten konnte… ich sah alles in einem neuen Licht… an all das dachte ich, während das Publikum applaudierte… applaudierte…«
Pagliacci
Pagliacci gehört zum sogenannten musikalischen Verismo. Damit ist eine schmale Gattung gemeint, die von der Literatur kommend, das ungeschminkte, ungeschönte Leben zeigen wollte. Heftige Emotionen, oftmals gewalttätige Finali, abrupte Schlüsse und Themen aus dem alltäglichen Leben kennzeichneten diese Form. Zu den zentralen Werken zählt neben Pagliacci auch Mascagnis Cavalleria rusticana.