Über das Werk
In Kürze
Als die geplante Aufführung seiner Opera seria Ariadne auf Naxos im Palast eines Wiener Neureichen mit der Tanzmaskerade einer italienischen Komödientruppe zusammengelegt wird, ist der junge Komponist zunächst verzweifelt.
Dass er sich einverstanden erklärt, ist vor allem der Tänzerin Zerbinetta zu verdanken. In der Oper selbst begegnen wir Ariadne, verlassen und verzweifelt. Erst dem Gott Bacchus gelingt es, sie zu neuem Leben erwecken. In der mystischen Vereinigung der beiden bleibt noch Platz für Zerbinettas Spott: »Kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir stumm!«
Handlung
Die Bediensteten des reichsten Mannes von Wien sind damit beschäftigt, die Bühne für eine geplante Vorstellung im Palais ihres Herrn herzurichten. Hinter den Kulissen treffen die beiden engagierten Truppen ihre Vorbereitungen:
Die eine soll das Erstlingswerk eines jungen Komponisten, die Oper Ariadne auf Naxos, zur Wiedergabe bringen, die andere eine Tanzmaskerade in italienischer Buffo-Manier. Schon die gegenseitige Eifersucht zwischen den Mitgliedern der beiden Truppen l.sst die Emotionen hochgehen.
Wie viel mehr erst die unerwartete und unfassbare angeordnete Programmänderung, die der Hausherr, vertreten durch seinen Haushofmeister, mitteilen lässt: Auf seinen Wunsch hin sollen die beiden Bühnenstücke nicht nacheinander, sondern gleichzeitig den geladenen Gästen präsentiert werden.
Bis ins Tiefste getroffen, möchte der Komponist, dem es um die wahrhafte Umsetzung seiner künstlerischen Weltanschauung geht, seine Schöpfung zurückziehen und auf die erste öffentliche Darbietung verzichten. Doch der praxisorientierte Musiklehrer und vor allem die in allen Verführungskünsten bewanderte Zerbinetta, die den lebensunerfahrenen jungen Komponisten im Nu zu bestricken weiß, erwirken bei ihm einen Sinneswandel: Mit einem emphatischen Hymnus auf das Wesen der Musik beugt sich der Komponist der Realität und den Anweisungen des Auftraggebers. Die Oper Ariadne auf Naxos wird somit in der gewünschten Form, mit Einlagen einer italienischen Komödiantentruppe, aufgeführt.
Vor einer Höhle an den Gestaden der Insel Naxos wartet Ariadne auf den Tod, da sie von Theseus, ihrem Geliebten, verlassen wurde.
Und so hört und achtet sie auf nichts mehr um sie herum: nicht auf die drei Nymphen, nicht auf die Komödianten, die sie aufheitern wollen, auch nicht auf Zerbinetta, die in einer halsbrecherischen Arie der Trauernden aus reicher Erfahrung rät, dem Entschwundenen keine Träne nachzuweinen und offen für eine neue Liebe zu sein.
Da naht aus der Ferne ein strahlender Jüngling, Bacchus, der Gott der ewigen Erneuerung. Er kommt aus den Armen der Zauberin Circe, bei der er nicht finden konnte, was er suchte. Ariadne, ihn für den Todesboten haltend, geht ihm entgegen und entbrennt sogleich, ohne es sofort zu bemerken, in ekstatischer Hingabe, die vom Gott erwidert wird. Durch den jeweils anderen verwandelt und wie neu geschaffen, können Ariadne und Bacchus als gerade- zu mystisch vereintes Paar die Oper beschließen.
»Es geht in Ariadne um mehr als um trauernde Witwen oder Verlassene. Es geht um Transformation, um das Auflösen von Verhärtungen in der Kunst und im persönlichen Leben. Ich glaube, dass die Oper einen Helden und eine Heldin, einen Protagonisten und eine Antagonistin hat: den Komponisten und Zerbinetta; und im Laufe der Handlung gewinnt man natürlich auch Ariadne lieb. Aber unabhängig von mangelnden oder nicht mangelnden Identifikationsfiguren ist die Oper ein bisschen ein Konstrukt, das zu oft durch die Bearbeitungsmühle gegangen und dramaturgisch nicht ganz ausgewuchtet ist. Das Vorspiel und die Oper sind nicht konsequent ineinander verwoben, und man könnte zu Recht fragen: »Worum geht es hier eigentlich?«. Als Zuschauer wird man auf eine falsche Fährte gelockt, man glaubt, dass auf der Bühne im zweiten Teil ein Chaos zu erleben sein wird, wenn die beiden Elemente »Opera seria« und »Opera buffa« zusammenstoßen. Dazu kommt es aber nicht wirklich«, so Regisseur Sven-Eric Bechtolf
Ariadne auf Naxos gehört operngeschichtlich gesehen zu einem Genre, das heute meist »Meta-Oper« genannt wird. Das sind Opern über Opern, das heißt Opern, deren Sujet und Gattung Oper selbst und die Konventionen der Werkentstehung ist. In der Regel handelt es sich hierbei um Satire wie L’opera seria (1769) von Leopold Gassmann. Der Text solcher Opern macht sich über die üblichen Usancen des Opernbetriebs und seine Auswirkungen auf die Oper lustig und übertreibt dabei bis zum Grotesken, um komische Wirkungen zu erzielen. In gleicher Weise verfahren die Komponisten mit den üblichen Stilelementen der Opera seria und deren Aufführungspraxis durch die Sänger. Strauss konnte einem solchen Muster aus zwei Gründen nicht folgen. Erstens war der Text Hofmannstahls so artifiziell, dass drastische musikalische Komik dem Text widersprochen hätte. Und zweitens stand Strauss‘ Neigung zur subtilen Ironie dem nur plakativen Gebrauch von satirisch gemeinten Stilzitaten entgegen. (Michael Walter)
In der griechischen Mythologie war Ariadne die Tochter des kretischen Königs Minos (ein Sohn des Zeus) und der Pasiphaë, ihrerseits Tochter des Sonnengottes Helios. Als der Held Theseus auszog, den menschenfressenden Minotauros, der in einem Labyrinth auf Kreta hauste, zu töten, verliebte sich die Halbschwester des Minotauros, Ariadne, in ihn. Sie half Theseus, indem sie ihm einen Faden gab, mit dessen Hilfe er nach der Ermordung des Minotauros wieder aus dem Labyrinth herausfand. Gemeinsam mit Theseus floh Ariadne von Kreta nach Athen, wurde allerdings auf der Insel Naxos im Schlaf alleine zurückgelassen – und verzweifelte. Dort fand sie der Gott der Fruchtbarkeit, Dionysos (Bacchus), ein Sohn des Zeus. Dionysos verliebte sich auf Naxos in Ariadne und heiratete sie; als seine Gemahlin gebar Ariadne vier Söhne. (Aus dem 8. Buch der Metamorphosen von Ovid)
Eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen.