Über das Werk
Drei, Sieben und Ass
mit diesen drei angeblich unfehlbaren Karten, die ihm der in einer Fiebervision erschienene Geist der toten Gräfin offenbart hat, will der Außenseiter Hermann den großen Gewinn beim Kartenspiel einstreichen. Doch zu diesem Zeitpunkt will er das Geld gar nicht mehr, um die ehemals geliebte Lisa heiraten zu können, sondern ist rettungslos der Spielsucht verfallen. Basierend auf einer Erzählung Puškins thematisiert /Pique Dame/ eine aus der gesellschaftlichen Ausgrenzung resultierende destruktive Einsamkeit, der die Gräfin, Lisa und Hermann selbst zum Opfer fallen.
Handlung
Ein Frühlingstag in St. Petersburg. Kinderfrauen und Erzieherinnen beaufsichtigen die ihnen anvertrauten Kinder. Der Außenseiter Hermann gesteht Tomski seine verzweifelte Liebe zu einer Unbekannten, die er nur aus der Ferne umschwärmt.
Tomski versucht, Hermann Mut zu machen, von Tschekalinski und Surin wird er verspottet. Als Fürst Jeletzki erscheint und seine Verlobte Lisa vorstellt, erkennt Hermann in ihr die geliebte Unbekannte. An Lisas Seite erscheint ihre Großmutter, die alte Gräfin und sogenannte »Pique Dame«. Sie ist von Hermanns Erscheinung fasziniert und abgestoßen zugleich – wie er von der ihren.
Tomski kolportiert die Geschichte, die hinter dem Beinamen der alten Gräfin steckt: Als junge Frau habe sie in Paris als »moskowitische Venus« Furore gemacht. Nachdem sie ihr gesamtes Vermögen verspielt hatte, verkaufte ihr der Graf von Saint Germain zum Preis einer Liebesnacht das Geheimnis dreier unfehlbarer Karten. Die Gräfin gewann ihr Vermögen zurück.
Das Geheimnis vertraute sie nur ihrem Ehemann und einem Liebhaber an. Ein Geist hat prophezeit, dass ein dritter Liebhaber, dem sie die drei Karten nennen wird, ihren Tod verursachen wird.
Der mittellose Hermann, der das Glücksspiel zwar ganze Nächte hindurch fasziniert verfolgt, selbst aber nicht teilnimmt, wird von Tschekalinski und Surin gehänselt: Als Liebhaber der alten Gräfin könnte er es sich leisten, sich am Spiel zu beteiligen.
Lisa nimmt vor der Hochzeit Abschied von ihren Freundinnen. Polina singt eine melancholische Romanze, dann wird getanzt, bis Lisas Gouvernante diese Vergnügungen untersagt.
Als Lisa allein ist, wird sie von ihren verdrängten Gefühlen für Hermann eingeholt. Plötzlich steht dieser selbst vor ihr und droht mit Selbstmord aus unerfüllter Liebe. Die alte Gräfin erscheint, Hermann muss sich verstecken. Als Lisa und Hermann wieder allein sind, bekennt sie ihm ihre Gegenliebe.
Als Teil von Lisas Verlobungsfeierlichkeiten mit Fürst Jeletzki wird das Theaterstück Die Aufrichtigkeit der Schäferin gespielt.
Anders als die gezeigte Schäferin hat sich Lisa nicht für ihre Liebe zu einem Habenichts, sondern für ein Leben in Reichtum entschieden.
Hermanns Kameraden erschrecken, verunsichern und verspotten ihn mit fortgesetzten Anspielungen auf die alte Gräfin.
Lisa gelingt es, sich Fürst Jeletzki zu entziehen und Hermann einen Schlüssel zuzustecken, der ihn durch das Schlafzimmer der Gräfin in ihr Zimmer führt. Er kündigt seinen Besuch noch für dieselbe Nacht an.
Hermanns Fantasie gerät mehr und mehr in den Bann der »moskowitischen Venus«. Er überrascht und bedrängt die alte Gräfin, in deren Wahrnehmung sich Erinnerungen an ihre Glanzzeit am französischen Hof mit der Gegenwart des leidenschaftlich um ihr Geheimnis werbenden Hermann vermischen. Sie stirbt in Hermanns Armen, ohne das Geheimnis preisgegeben zu haben. Die hinzueilende Lisa erkennt, dass Hermann weniger an ihr als am Geheimnis der drei Karten interessiert war.
Hermann, dessen Hoffnungen sich mit dem Tod der Gräfin zerschlagen haben, wird von Fieberfantasien heimgesucht.
Auf ihrem Höhepunkt erscheint der Geist der alten Gräfin, trägt ihm auf, Lisa zu heiraten, und lehrt ihn die drei unfehlbaren Karten Drei, Sieben und Ass.
Lisa hat Hermann ein Ultimatum gestellt: Wenn er nicht bis Mitternacht zu ihr kommt, wird sie ihn als Mörder ihrer Großmutter betrachten.
Hermann erscheint kurz nach Mitternacht, um sie mit in den Spielsalon zu nehmen. Sie erkennt seine Besessenheit und nimmt sich das Leben..
Hermann überrascht die Spieler mit dem Wunsch, teilnehmen zu wollen. Er setzt eine exorbitante Summe und gewinnt mit der Drei, um in der nächsten Runde seinen Gewinn mit der Sieben noch einmal zu verdoppeln. Niemand will mehr gegen ihn antreten. Da meldet sich Fürst Jeletzki, der gekommen ist, um sich für den Verlust Lisas an Hermann zu rächen. Hermann verliert, da er statt auf das Ass auf die Pique-Dame setzt.
Regisseurin Vera Nemirova verlegt die Handlung in die Zeit knapp nach der Wende in den 1990er-Jahren. Sie wollte in ihrer Inszenierung einen sozialen Hintergrund zeigen, in dem es in Russland auf der einen Seite einen immensen Reichtum hinter barocken Fassaden gibt, auf der anderen das Elend der armen Bevölkerungsschichten: Kasinos neben Armenküchen, Obdachlose und Straßenkinder neben Neureichen. In diesen Gegensätzen sind die Handelnden eingebettet, die jedermann zum Verbrecher machen können - wie eben auch die Hauptfigur Hermann.
Tschaikowski war nicht gerade selbstbewusst. Aber im Falle von Pique Dame war er von der Qualität mehr als überzeugt - und so schrieb er knapp vor Beendigung der Kompositionsarbeit: »Entweder ich befinde mich in einem schrecklichen Irrtum, oder Pique Dame ist wirklich mein Chef dʼOeuvre«.
Die Uraufführung am 19. Dezember 1890 im Marinski-Theater in St. Petersburg wurde zum durchschlagenden Erfolg, die szenische Gestaltung war für das damalige Theater von größter Pracht, das Intermezzo der Oper choreographierte niemand Geringerer als Marius Petipa. Bereits bei der Generalprobe war der Zar anwesend, der Komponist erhielt in der Pause der Erstaufführung einen silbernen Kranz überreicht, am Schluss eine Lyra aus Lorbeer.