Über das Werk
Norma ist eine gallische Druidenpriesterin, die sich der Frieden gebietenden Göttin des Mondes und der Fruchtbarkeit verpflichtet weiß.
Sie weigert sich, den kriegshungrigen Galliern das Signal zum Aufstand gegen die römische Fremdherrschaft zu geben. Die beiden Kinder, die sie in heimlicher Ehe mit dem Römer Pollione geboren hat, hält sie vor ihren Landsleuten verborgen. Als ihr Ehemann sie mit einer jüngeren Frau zu betrügen versucht, droht ihre Existenz zu zerbrechen. Sie überwindet die Versuchung, ihre Kinder zu töten und ihre Rivalin zu strafen. Ihre Selbstanzeige rettet ihnen das Leben.
Vincenzo Bellinis Norma-Partitur umfasst nicht nur die »unendliche Melodie« des Gebetes der Oberpriesterin an die Mondgöttin (»Casta diva«), nicht nur den berückenden Verführungsgesang des römischen Prokonsuls Pollione (»Vieni a Roma...«) oder die beiden Duette von Oberpriesterin und Novizin, die allen Zauber zweier mit- und gegeneinander geführter Sopranstimmen auskosten. Eingebettet sind diese Ikonen des Belcanto in eine kontrastreiche musikalische Struktur. Diese führt von einer leidenschaftlich bewegten Ouvertüre über den orchestral beschworenen nächtlichen Stimmungszauber der Introduktion zu hochdramatischen Ensemble-Konfrontationen und furiosen Chornummern, die stets von dramaturgisch punktgenau kalkulierten Bühnenorchestereinsätzen flankiert werden. Der Sog der großen Finalsteigerung im Ausgang von Normas klagenden Bittgesang an ihren Vater fasst dann alle Stimmen zusammen und lässt das Geschehen transzendieren.
Bellini schuf seine Oper gemeinsam mit seinem bevorzugten Librettisten, dem für Eleganz, Wohllaut und Pathos seiner Verse bewunderten Felice Romani, und für die Tragödin Giuditta Pasta, die in Rossinis Seria-Partien neue Maßstäbe gesetzt hatte: Die schauspielerische Beseelung ihrer Rollen galt als beispiellos, ihre Stimme faszinierte durch unerhörte Modulations- und Ausdrucksfähigkeit. Als Vorlage für die neue Oper wurde die kurz zuvor in Paris kreierte gleichnamige Tragödie von Alexandre Soumet gewählt. In einem Brief trägt Bellini der Pasta das Stück mit den Worten an: »Ich hoffe, dass dies Sujet Ihrem Geschmack entspricht: Romani hält es für sehr effektvoll und Ihrem enzyklopädischen Charakter angemessen.«