Oper

Giacomo Puccini

Madama

Butterfly

Tragedia giapponese

Text Luigi Illica & Giuseppe Giacosa

Freitag 1. November 2024 18:30 – 21:15 Eine Pause Großer Saal

Besetzung am
1. November 2024

Fürst Yamadori

Onkel Bonze

Evgeny Solodovnikov * *statt Ivo Stanchev

Der Kaiserliche Kommissär

Solotänzerin

Hsin-Ping Chang

Solotänzer

Andrew Robinson

Puppenspieler

Eugenijus Slavinskas

Emil Kohlmayr

Max Konrad

Musikalische Leitung

Inszenierung

Regie und Choreographie

Carolyn Choa

Bühne

Michael Levine

Kostüme

Han Feng

Licht

Peter Mumford

Puppendesign und -regie

Blind Summit Theatre Mark Down & Nick Barnes

Über das Werk

Für den Marineleutnant Benjamin Franklin Pinkerton ist die Ehe mit Cio-Cio-San, genannt Butterfly, eine unverbindliche Annehmlichkeit während seines Aufenthalts in Nagasaki. 

Cio-Cio-San nimmt die Hochzeit dagegen sehr ernst. Sie tritt zum christlichen Glauben über und nimmt den Bruch mit ihrer Familie in Kauf. Pinkerton kehrt in die USA zurück. 
Als er nach drei Jahren zurückkehrt, wird er von seiner neuen Frau begleitet. Sie kommen, um das Kind zu sich zu holen, das Cio-Cio-San nach Pinkertons Abreise geboren hat. Sie bereitet das Kind zur Abreise vor und nimmt sich das Leben.

Madama

Butterfly

Handlung

Auf einem Hügel mit Blick auf Nagasaki besichtigt der amerikanische Marineleutnant Benjamin Franklin Pinkerton ein Haus samt Dienerschaft, das der Heiratsvermittler Goro für ihn organisiert hat. 

Hier wird er mit seiner zukünftigen Ehefrau Cio-Cio-San, genannt »Butterfly«, die Flitterwochen verbringen. Der Vertrag über Haus und Ehefrau läuft 999 Jahre, ist aber für den Amerikaner monatlich kündbar. Der erste Hochzeitsgast ist der amerikanische Konsul Sharpless. Pinkerton schwärmt ihm gegenüber von seiner unverbindlichen Heirat; Sharpless hingegen hat Cio-Cio-Sans Stimme bei ihrem Besuch am Vortag im Konsulat aufhorchen lassen: Er warnt seinen Landsmann davor, diese Frau unglücklich zu machen. Pinkerton stößt mit ihm auf den Tag an, an dem er mit einer amerikanischen Frau »eine echte Ehe« eingehen wird.

Butterfly erreicht mit ihren Freundinnen das Haus. Im Gespräch mit Sharpless und Pinkerton erzählt sie, dass ihre ehemals reiche Familie nach dem Tod des Vaters verarmt sei, sodass sie als Geisha arbeiten musste. Währenddessen sind Butterflys Verwandte eingetroffen und beurteilen hinter vorgehaltener Hand den Bräutigam. Butterfly zeigt Pinkerton ihre mitgebrachten persönlichen Dinge, darunter ist auch ein Gegenstand, über den sie ungerne spricht: der Dolch, mit dem ihr Vater sich auf Befehl des Kaisers das Leben genommen hat. Sie erzählt Pinkerton, dass sie heimlich seine Religion angenommen habe, um sein Leben ganz teilen zu können.

Der kaiserliche Kommissar legt in Anwesenheit eines Standesbeamten den Ehevertrag vor, die Brautleute unterschreiben, und damit ist die Ehe geschlossen; die offiziellen Gäste verlassen das Fest. Pinkerton, der die »angemietete« Verwandtschaft Butterflys als lästig empfindet, will die Familienfeier schnell hinter sich bringen, als der Onkel Butterflys, ein buddhistischer Priester, hereinstürmt. Er verflucht Butterfly für ihren Religionswechsel, worauf ihre ganze Familie sie verstößt. Pinkerton wirft die Gäste hinaus und bleibt mit seiner weinenden Frau allein. Voll Vorfreude auf die Hochzeitsnacht tröstet er sein »Spielzeug«. Pinkertons Worte überzeugen Butterfly davon, dass er ihr den Verlust ihrer Familie ersetzen wird. Sie verbringen ihre erste gemeinsame Nacht.

Die Abreise Pinkertons aus Japan liegt drei Jahre zurück. Sein und Cio-Cio-Sans Kind, ein blonder, blauäugige Junge, wurde nach seiner Abreise geboren. 

Cio-Cio-San, das Kind und die Dienerin Suzuki leben zwar immer noch im Haus auf dem Hügel, denn die monatlichen Mietzahlungen lässt Pinkerton vom Konsul tätigen, aber das Geld für ihre Lebenshaltungskosten ist nahezu aufgebraucht. Suzuki zweifelt daran, dass Pinkerton zurückkehren wird, doch Cio-Cio-San malt sich und ihr den Tag seiner Ankunft in leuchtenden Farben aus.

Konsul Sharpless sucht Butterfly auf. Er will ihr einen sie betreffenden Brief Pinkertons vorlesen. Sie werden von Goro gestört, der seit Pinkertons Abreise regelmäßig versucht, Cio-Cio-San an einen neuen Ehemann zu vermitteln, was sie konsequent ablehnt. Fürst Yamadori, der hartnäckigste der neuen Heiratskandidaten, macht ihr erneut seine Aufwartung. Cio-Cio-San besteht im Vertrauen auf das verbindliche amerikanische Eherecht weiterhin auf der Anrede »Madama B. F. Pinkerton« und fertigt ihn demonstrativ ab. Sharpless’ Lektüre des Briefes unterbricht Cio-Cio-San immer wieder durch Ausdrücke ihres Entzückens, sodass der Hauptteil des Briefes ungelesen bleibt. Angesichts ihrer Blindheit dem Offensichtlichen gegenüber fragt Sharpless sie voll Ungeduld, was sie täte, sollte Pinkerton nie mehr zurückkehren. Zwei Möglichkeiten blieben ihr, sagt Cio-Cio-San: den Dienst als Geisha wieder aufzunehmen oder zu sterben. 

Als Sharpless sie überreden will, die Hand Yamadoris nicht auszuschlagen, präsentiert Cio-Cio-San ihm triumphierend das Kind, das sie als Garantie für die Rückkehr Pinkertons betrachtet. Sharpless verspricht, Pinkerton über die Existenz des Kindes zu informieren. Kaum ist er gegangen, als ein Kanonenschuss die Ankunft eines amerikanischen Kriegsschiffes im Hafen ankündigt: Das Schiff Pinkertons! Cio-Cio-San triumphiert euphorisch, weist Suzuki an, sämtliche Blumen des Gartens zu pflücken, und dekoriert damit das Haus. Sich selbst schmückt sie mit ihrem Hochzeitskleid, dann wartet sie mit Suzuki und dem Kind auf Pinkerton. Es wird Nacht.

Am Morgen ist Pinkerton immer noch nicht eingetroffen. 

Erst als Cio-Cio-San sich mit dem Kind zurückzieht, um sich auszuruhen, schleicht Sharpless mit ihm ins Haus und bittet Suzuki um Hilfe: Sie soll Cio-Cio-San überzeugen, das Kind an Pinkerton und dessen mitgereiste, im Garten wartende amerikanische Ehefrau Kate zu übergeben.

Pinkerton wird von seinen Schuldgefühlen überwältigt und entzieht sich einer Konfrontation, während Kate sich der Unterstützung Suzukis versichert. Suzuki und Sharpless machen Cio-Cio-San in wenigen Worten klar, dass Pinkerton nicht um ihretwillen zurückgekehrt ist, sondern um das Kind abzuholen.

Cio-Cio-San erklärt, ihren Sohn nur an Pinkerton persönlich zu übergeben. Allein gelassen, bereitet sie ihre Selbsttötung mit dem Dolch ihres Vaters vor. Dem von Suzuki zu ihr geschickten Kind verbindet sie die Augen, bevor sie sich ersticht. Pinkerton findet sie sterbend.

1. Akt ca. 55 min
Pause ca. 25 min
2. Akt ca. 85 min

Die poetische, mit japanischen Stilelementen arbeitende Inszenierung des 2008 verstorbenen Hollywoodregisseurs Anthony Minghella wurde von der Metropolitan Opera New York, der English National Opera und dem Litauischen Nationaltheater für Oper und Ballett koproduziert. Für die Premiere an der Wiener Staatsoper am 7. September 2020 übernahm Carolyn Choa die aufwändige Neueinstudierung. Choa, die mit Anthony Minghella verheiratet war, schuf Choreographien für zahlreiche Operninszenierungen und inszenierte auch selbst; für die Choreographie in Minghellis Inszenierung von Madama Butterfly erhielt sie zusammen mit dem Regisseur einen Olivier-Award.

Zur musikalischen Darstellung Japans im Konflikt mit seiner durch die amerikanische Marine 1853 erzwungene Öffnung und Verwestlichung verfremdete Puccini seine Musiksprache, indem er sie durch Material aus originalen oder vermittelten fernöstlichen Quellen anreicherte: Neben Anleihen bei Transkriptionen japanischer Musik des Brucknerschülers Rudolf Dittrich verwendete er Melodien einer in der Schweiz für den Export nach China hergestellten Spieluhr, setzte ein um japanische Instrumente erweitertes Schlagwerk ein und ließ sich auch von einer Kabuki-Theater-Aufführug inspirieren. Der Exotismus in Puccinis Butterfly-Partitur ist dabei mehr und anderes als folkloristisches Dekor. Er setzt eine Kolonialismuskritik in Szene, die das Werk für poskoloniale Fragestellungen und Lektüren fruchtbar macht. 

Bei einem kritischen Blick auf exotistische Tendenzen in Madama Butterfly sollte man nicht vergessen, dass auch Leutnant Pinkerton für Puccini und sein zunächst italienisches Publikum zu einer fremden Kultur gehörte. Ebenso wie der japanische Beamte mit der japanischem Hymne vorgestellt wird, ertönt bei Erwähnung der Vereinigten Staaten »The Star-Spangled Banner«, heute die amerikanische Nationalhymne und zur Entstehungszeit der Oper bereits offizielle Hymne der US Navy, selbstverständlich nach Art einer Blaskapelle instrumentiert. Puccini reizte ausdrücklich die Darstellung der zwei fremden Welten Japan und Amerika, nicht zuletzt war deswegen auch ein Akt geplant, der in der amerikanischen Botschaft spielt. Während der Arbeit schrieb Puccini an Ricordi, er bemühe sich, »Herrn F. B. [sic] Pinkerton so amerikanisch singen zu lassen wie möglich« (Ann-Christine Mecke).

© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Nach einer ursprünglichen Koproduktion der Metropolitan Opera, der English National Opera und des Litauischen Nationaltheaters für Oper und Ballett.

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