Über das Werk
Von seiner Muse geführt und von einem dämonischen Widersacher bedrängt,
muss Hoffmann sich von einer unglücklichen Liebesbeziehung zur nächsten durchringen, bis er erkennen muss, dass für ihn als Künstler das Glück nur im schöpferischen Akt zu finden ist.
Handlung
Der Dichter Hoffmann sitzt an seinem Schreibtisch. Die Geister von Wein und Bier erscheinen und lösen sich auf.
Hoffmanns Muse tritt auf und schwört, dass sie ihn vor den Gefahren der Liebe beschützen will. Sie wird sich in Nicklausse verwandeln, einen jungen Studenten, der Hoffmann begleiten soll. Stadtrat Lindorf fängt Andrès ab, den Abgesandten der schönen Opernsängerin Stella, die an diesem Abend in Don Giovanni aufritt. Lindorf besticht Andrès, damit ihm dieser ein an Hoffmann gerichtetes Billett Stellas überlässt. Der Brief ist eine Liebeserklärung an den Dichter und enthält außerdem den Schlüssel zu ihrer Garderobe. Der alte, aber mächtige Lindorf hat vor, Hoffmann an diesem Abend seine Geliebte abspenstig zu machen.
In Luthers Weinstube richten die Kellner schon die Tische her. Ungestüme Studenten rufen nach Wein, beschimpfen Luther, trinken auf Stella und warten ungeduldig auf Hoffmann. Hoffmann erscheint mit Nicklausse. Er wirkt gequält, düster, schwermütig, aber die Studenten drängen ihn, das lustige Lied vom Zwerg Klein-Zack zu singen. Während des Gesanges gleiten seine Gedanken ab und er beschreibt plötzlich eine schöne Frau. Die Studenten bringen ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. Die Kellner entflammen den Punsch.
Hoffmann erblickt Lindorf und erkennt in ihm seinen Nebenbuhler und ewigen Widersacher in Glück und Liebe. Die Studenten werden von Neugier erfasst und möchten von Hoffmann den Namen seiner Geliebten hören. Es gibt drei, antwortet er: das Mädchen Olympia, die Künstlerin Antonia und die Kurtisane Giulietta. Die Studenten beschließen, nicht zur Opernaufführung zurückzukehren, sondern ihre Pfeifen zu rauchen und Hoffmanns Erzählungen von seinen drei Lieben zu hören.
Der leidenschaftliche Physiker und verschrobene Erfinder Spalanzani hat einen vollkommenen Automaten mit so menschlichen Zügen konstruiert, dass er die Puppe als seine Tochter Olympia ausgibt.
Heute Abend wird er Olympia in die Gesellschaft einführen. Er zählt darauf, dass seine neueste Schöpfung ihm helfen wird, 500 Dukaten wiederzugewinnen, die er beim Bankrott seines Bankiers Elias verloren hatte. Der erste Gast erscheint früh: Es ist Spalanzanis Schüler Hoffmann, der Olympia von ferne verehrt. Hoffmann bleibt einen Moment lang mit ihr allein, und ein Blick genügt, dass er sich in Olympia verliebt. Nicklausse warnt ihn vor der Liebe zu einer Puppe mit Emailaugen. Hat er eine Vorahnung? Coppélius kommt herein und stellt sich als Spalanzanis Freund vor.
Tatsächlich will er jedoch die Augen, die er für Olympia hergestellt hat, zurückfordern, wenn Spalanzani ihn nicht bezahlen kann. Vorher versucht Coppélius, Hoffmann seine seltsamen Erfindungen aufzuschwatzen – Barometer, Hygrometer und schöne Augen. Nicklausse ist misstrauisch, aber Hoffmann erwirbt eifrig eine Zauberbrille, durch die er Olympia als verklärtes Traumbild sieht. Coppélius fordert von Spalanzani seinen Anteil am Gewinn, doch dieser schickt ihn mit einem ungedeckten, auf den bankrotten Elias ausgestellten Scheck weg.
Die eingetroffenen Gäste bestaunen die reizende Olympia, die eine Arie vorträgt und dabei von Cochenille auf der Harfe begleitet wird. Ihr vorzüglicher Gesang wird gelegentlich von seltsamen mechanischen Geräuschen unter- brochen, doch Hoffmann, geblendet von seiner Zauberbrille, lauscht hingebungsvoll. Im Tête-à-tête mit Olympia erklärt er ihr seine Liebe und wähnt sich wiedergeliebt. Doch der ersten Umarmung entzieht sie sich. Nicklausse stürzt herein und berichtet von bedenklichen Gerüchten über Olympia, die in der Gesellschaft die Runde machen. Hoffmann verwirft die Warnung und läuft hinter seiner Geliebten her.
Coppélius schwört Rache gegen Spalanzani, der ihn mit einem wertlosen Scheck betrügen wollte. Die Gäste kehren zurück. Hoffmann tanzt einen Walzer mit Olympia, die ihre Schritte zu rasendem Tempo steigert. Hoffmann stürzt und zerbricht seine Zauberbrille. Olympia muss hinausgeführt werden. Coppélius wartet bereits und zertrümmert die Puppe. Hoffmann erkennt seinen Wahn: Er hatte sich in einen Automaten verliebt.
Ein junges Mädchen singt ein wehmütiges Lied von seiner verlorenen Liebe.
Antonia Crespel träumt davon, eine so berühmte Diva zu werden, wie ihre verstorbene Mutter es war. Aber sie weiß nicht, dass sie nicht nur die herrliche Stimme, sondern auch die tödliche Krankheit ihrer Mutter geerbt hat. Um das Leben Antonias zu retten, muss ihr Vater alle Aufregung und Anstrengung von ihr fernhalten. Er verbietet ihr den Gesang und auch jeglichen Umgang mit ihrem Bräutigam Hoffmann. Crespel weist den alten tauben Diener Frantz an, niemandem Zutritt zu gewähren. Frantz ist gerne allein, wo er sich seinen Ärger von der Seele singt.
Hoffmann stürzt herein, auf der Suche nach Antonia, die herbeieilt, als sie seine Stimme vernimmt. Die beiden erklären einander ihre Liebe und tauschen ein Eheversprechen aus. Hoffmann bittet sie um ein Lied. Sie ist ihm gerne gefällig, doch ein Schwächeanfall lässt sie kaum das Lied beenden. Als Crespel zurückkommt, läuft Antonia weg, während sich Hoffmann versteckt. Frantz meldet Doktor Miracle, den Hausarzt der Familie. Crespel beschimpft den Doktor und nennt ihn einen Mörder, der seine Tochter vernichten wird, so wie er ihre Mutter auf dem Gewissen hat. Miracle stellt seine hypnotischen Kräfte unter Beweis. Hoffmann erkennt, dass Antonia in Gefahr schwebt: Wenn sie singt, wird sie sterben.
Auf sein Drängen hin verspricht Antonia zögernd, ihren Gesang und ihren Traum vom Ruhm aufzugeben. Miracle kehrt wieder und bedrängt Antonia, ihr Talent nicht für ein biederes Bürgerglück zu opfern. Zunächst widersteht sie der Versuchung, doch als Miracle das Bildnis ihrer Mutter sprechen lässt, kann sie sich nicht mehr länger zurückhalten – sie muss singen. Angestachelt vom dämonischen Doktor singt sich Antonia zu Tode. Verzweifelt stürzt sich Crespel auf Hoffmann, doch Nicklausse hält den gramverzehrten Vater zurück. Es ist zu spät: Der Teufel hat wieder den Sieg davongetragen, unter Beihilfe seines Dieners Frantz.
Die schöne Kurtisane Giulietta und Nicklausse singen eine Barkarole auf die Liebesnacht.
Aus Liebeskummer ist Hoffmann zum Zyniker geworden, der dem Trinken und Spielen den Vorzug vor Frauen gibt. Schlémil und Pittichinaccio buhlen um Giuliettas Zuneigung. Nicklausse verspricht Hoffmann, dass er ihn beim ersten Anzeichen einer Verliebtheit mit Gewalt wegschleppen würde. Hoffmann spottet: Nur ein Narr verliert sein Herz an eine Kurtisane. Nach dem Abgang der beiden Freunde erscheint Dapertutto und schwört, dass Hoffmann sein Herz verlieren würde – an die berückende Giulietta. Eine Frau verkauft ihre Seele für ein glitzerndes Schmuckstück, sagt Dapertutto und lockt Giulietta mit einem Diamanten.
Um ihn zu bekommen, muss Giulietta ihm versprechen, Hoffmann sein Spiegelbild abzulisten – so wie sie Schlémil den Kopf verdreht hat, um seinen Schatten zu bekommen. Giulietta setzt alle ihre Künste ein, um Hoffmann zu erobern. Seine Ehrlichkeit berührt sie – einen Moment lang scheint es, als ob sie ihn retten möchte. Doch Hoffmann unterliegt ihrem Bann und bietet ihr nicht nur sein Spiegelbild, sondern auch sein Leben und seine Seele dazu. Schlémil findet die beiden in trauter Zweisamkeit und wird von rasender Eifersucht gepackt.
Nicklausse versucht vergeblich, Hoffmann zur Abreise zu bewegen. Dieser ist über den Verlust seines Spiegelbildes bestürzt, fühlt sich aber zugleich an die Geliebte gebunden.
Die Gondeln tragen Giulietta fort. Hoffmann fordert von Schlémil den Schlüssel zu ihrem Gemach. Für das Duell der beiden leiht Dapertutto Hoffmann seinen Degen. Schlémil wird tödlich verwundet. Hoffmann nimmt den Schlüssel, doch er sucht Giulietta vergebens: Vor die Wahl gestellt, hat sie der Liebe den Diamanten vorgezogen.
So enden Hoffmanns Erzählungen, die Geschichte seiner drei Lieben.
Als Nicklausse meint, dass Stella die Verkörperung seiner drei Geliebten sei, greift Hoffmann seinen Mentor in trunkener Wut an. Bis Stella kommt, hat sich Hoffmann bereits sinnlos betrunken. Andrès, der jetzt in Lindorfs Diensten steht, stellt Stella dem Stadtrat vor, der sie triumphierend zu seinem Wagen führt. Die Muse kehrt zu ihrer wahren Gestalt zurück. Sie verspricht, Hoffmanns Leiden zu lindern, und erklärt ihm, dass die Liebe im Leben nur ein Trugbild sei: Die wahre Liebe gibt es nur in der Kunst. Das ganze Ensemble stimmt in das Finale ein: »On est grand par l’amour et plus grand par les pleurs.« Der leidende Dichter kehrt an den Schreibtisch zurück, um seine Suche in der Kunst fortzusetzen.
Es ist eine höchst geheimnisvoll-surreale Umgebung, in die Regisseur Andrei Şerban die Handelnden von Les Contes d’Hoffmann stellt. Eine fantastische Welt, ein Labyrinth von Spiegeln und Doppelgängern die unmittelbar den Ideen und Träumereien des romantischen Dichters E. T. A. Hoffmann entsprungen zu sein scheint.
Offenbach schuf mit den - Fragment gebliebenen - Les Contes d'Hoffmann eine Synthese aus seinem populären Operettenstil und jenem der von der Carmen beeinflussten Opéra-Comique.
Offenbach hat sein letztes Bühnenwerk Les Contes d'Hoffmann im wahrsten Sinn des Wortes im Wettlauf mit seinem eigenen Tod geschrieben. Das Stigma des Unheimlichen, das dem Werk dadurch anhaftete, wurde noch intensiver, nachdem bei einer Aufführung dieser Oper, das Wiener Ringtheater einem Brand zum Opfer fiel. Mittlerweile ist dieses Unheimliche dem Charme des Rätselhaften und Geheimnisvollen gewichen. Das Stück ist jedenfalls seit langer Zeit ungemein populär.