Über das Werk
La traviata erzählt die Geschichte von Violetta Valéry, einem käuflichen Wunschobjekt der Pariser Gesellschaft, die in Alfredo ihre Liebe findet, aber dem gesellschaftlichen Dünkel seines Vaters nachgibt und sich von ihm trennt.
In seiner mit riesigen Videowänden und den sozialen Medien spektakulär jonglierenden Inszenierung verlegt Simon Stone diese Geschichte ins Heute. Violetta, das ist ein Pariser It-Girl, eine Influencerin, die in der Instagram-Blase gefangen bleibt und deren Leben der virtuellen Präsentations- und Schaugier ausgeliefert ist. Einsam im Öffentlichen ist sie – und eine Außenseiterin.
Handlung
Violetta Valéry, käufliches Wunschobjekt der Pariser Gesellschaft, feiert aus- gelassen – nach langer Krankheit nur scheinbar genesen. Alfredo, ein junger Mann aus der Provinz, preist in einem Trinklied die wahre Liebe.
Violetta hingegen bekennt sich zum unbeschwerten Lebensgenuss. Inmitten des aus- gelassenen Fests erleidet sie einen Schwächeanfall. Als sie sich von der Menge zurückzieht, gesteht ihr Alfredo seine Liebe, auf die sich Violetta nicht einlassen will: Sie könne ihm nur Freundschaft, nicht aber Liebe versprechen. Doch schnell gerät sie in einen Zwiespalt der Gefühle: Soll sie ihr bisheriges Leben aufgeben und Gefühle zulassen?
Violetta und Alfredo sind ein Paar und haben sich aufs Land zurückgezogen. Violetta sind seither große Schulden entstanden, die sie vor Alfredo geheim hält.
Als er von Violettas Haushälterin Annina erfährt, dass Violetta ihr Habe verkauft, um den gemeinsamen Haushalt weiter finanzieren zu können, reist er nach Paris, um seinerseits die notwendigen Mittel bereitzustellen.
Während seiner Abwesenheit fordert Alfredos Vater von Violetta das Ende der Beziehung, die den Ruf der Familie und damit die Verlobung von Alfredos Schwester gefährdet. Nach langem Kampf willigt Violetta ein, sich für das Glück der Schwester zu opfern. Sie schreibt einen Abschiedsbrief, entzieht sich dem zurückkehrenden Alfredo und reist heimlich nach Paris. Alfredo, dem sie ihren Brief überbringen lässt, vermutet, Baron Douphol habe ihm Violetta ausgespannt. Als er ihre Einladung zu einem Fest findet, folgt er ihr, um Rache nehmen.
Bei dem orgiastischen Fest geht es hoch her. Alfredo gewinnt im Glücksspiel und reizt Douphol. Violetta will eine weitere Eskalation verhindern und bittet Alfredo um ein Gespräch, in dem sie ihm aber den wahren Grund ihres Bruches verschweigt. Von Alfredo bedrängt, erklärt sie, den Baron zu lieben. Voll Zorn und Enttäuschung beleidigt Alfredo – zum Entsetzen der Anwesenden – Violetta aufs Gröbste.
Die verarmte Violetta ist dem Tod nahe. Einer Nachricht von Alfredos Vater entnimmt sie, dass dieser nun die Wahrheit kennt und um ihr Opfer weiß.
Doch der endlich ankommende Geliebte trifft, ebenso wie sein herbeigeeilter Vater, nur noch eine Sterbende an.
Ein Besuch der Vorstellung wird ab 14 Jahren empfohlen.
Simon Stones Inszenierung nimmt die Gegenwärtigkeit von La Traviata wörtlich – Violetty Valéry lebt hier in einem sehr gegenwärtigen Paris voll Glanz und Glamour. In aufwändig produzierten Videosequenzen erzählen der Regisseur und sein Team auch den bereits von Verdi und Librettist Soave selbstbewusst gestalteten Charakter der Violetta weiter: Als Influencerin mit Millionen an Instagram-Followern und eigener Parfümlinie kann sie durchaus für sich selbst sorgen – solange ihr gesundheitlicher Zustand es erlaubt. Mit dem Realismus und der Opulenz der Videos kontrastiert in reizvoller Weise die reduzierte Bühnenästhetik von Bob Cousins, in der realistische Bühnenelemente wie auf dem semantischen Präsentierteller herausgestellt erscheinen.
Wir empfehlen den Besuch dieser Produktion ab 14 Jahren.
La Traviata enthält einige der bekanntesten Melodien der Opernliteratur – Violettas »Amami, Alfredo« und das notorische Trinklied »Libiamo ne‘ lieti calici« sind nur zwei der Nummern, die sich längst außerhalb des Opernkontextes verselbstständigt haben. Ihre Qualität wird aber erst innerhalb dieses Kontextes wirklich verständlich: »Was die Besonderheit Verdis jenseits der ›solite convenienze‹ [der verbindlichen dramaturgischen Regeln seiner Zeit, Anm.] ausmacht, ist vor allem seine melodische Erfindung, die weniger aus einem Sinn für biegsame Kantilenen als vielmehr aus der dramatischen Geste heraus erwächst. Sie gibt den handelnden Personen Kontur, ohne freilich die Belange der Sängerstars zu vernachlässigen. Verdis Komponieren ist in hohem Maße empathisch; statt das Geschehen auf der Bühne wie ein allwissender Erzähler durch den musikalischen Satz darzulegen, schlüpft Verdi gleichsam in seine Rollen hinein und lässt sie selbst zu Wort kommen.« (Silke Leopold).
Alexandre Dumas' Roman La dame aux camélias (Die Kameliendame, 1848) war ein so großer Erfolg, dass der Autor das Werk zu einem Theaterstück bearbeitete. Giuseppe Verdi kannte beide Fassungen, die Schauspielversion sah er bei der Uraufführung in Paris im Jahr 1852. In der Bearbeitung des Librettisten Francesco Maria Piave wurde Marguerite Gautier zu Violetta Valéry und das aufsehenerregende Theaterstück zuerst zu einer der ersten realistischen Opern überhaupt, dann – im Lauf der Geschichte und ohne Verdis Zutun – zum dritten Teil der sogenannten „Trilogia popolare“ (mit Il Trovatore und Rigoletto), und schließlich zur beliebtesten und meistgespielten Verdi-Oper aller Zeiten.
Eine Koproduktion mit der Opéra National de Paris.